Heimatdienst-Info

Einmalige archäologische Holzfunde in Sonthofen!

Es ist bekannt, dass im Bereich der jetzigen Ostrachbrücke eine sehr alte Holzbrücke, ein einige Meter über der Ostrach verlaufender Kanal und eine Staumauer in der dort einmündenden Starzlach vorhanden waren. Alle Bauteile sind aus Holz hergestellt worden. Auf einem Bild des Malers Ludwig Weiss aus Rettenberg aus dem Jahr 1810 sind diese Bauwerke noch vollständig zu sehen. Dieses Ölbild hängt im Heimathaus Sonthofen und ist im Sonthofer Stadtbuch „Sonthofen im Wandel der Geschichte“ abgedruckt. Für die Erzverhüttung waren riesige Mengen Holzkohle erforderlich. Das Holz für die Meiler wurde teilweise über die Starzlach aus dem großen Wald hinter dem Grünten bis zur Ostrach und dann in dem kurzen Hochkanal zu den 6 Holzkohlemeilern und dem Floßofen im Hüttenwerk Sonthofen getriftet.

Bild Weiss

Bild von L. Weiss, 1810, Blick auf Ostrachbrücke von Nordosten mit Erklärungen

Bild: Gemälde ohne Erklärung

An und in der Ostrach werden zurzeit große Bereiche hochwassersicher umgebaut. Im Bereich der Stahlbetonbrücke der Strasse von Sonthofen nach Burgberg wird der Fluss 1,5 m tiefer gelegt. Dabei hat die Ostrach hat ein völlig unerwartetes Geheimnis preisgegeben: Viele bearbeitete und gut erhaltene Baumstämme, wahrscheinlich aus Eichenholz, sind senkrecht stehend im Flusskies sichtbar geworden. Die mit großen Baggern herausgezogenen Stämme haben teilweise an den Spitzen eingelassene stabile Eisenschuhe. In anderen Stämmen sind rechteckige Öffnungen und weitere Bearbeitungsspuren sichtbar. Ein aufmerksamer Sonthofer Bürger hat dem Heimatdienst Sonthofen diese Funde gemeldet. Wir konnten als Erstes verhindern, das die ausgebauten Hölzer kurzfristig abgefahren wurden und haben die Denkmalbehörde unterrichtet. Die Baufirma hat richtigerweise zumindest die Arbeiten fotografisch dokumentiert und die ausgebauten Baumstämme im Fluß ungeordnet gelagert. Der wissenschaftliche Wert der Funde wurde nicht erkannt und entgegen der gesetzlichen Bestimmungen auch die zuständige Denkmalbehörde nicht verständigt. Glücklicherweise waren im Bereich unter der jetzigen Stahlbetonbrücke noch einige Holzpfosten verblieben.

Ostrachbrücke Baustelle

Tieferlegung der Ostrach, mit bereits ausgebauten Holzbalken auf der Spundwand

 

Bei gemeinsamen Ortsterminen waren sich alle Beteiligten einig, dass die Holzfunde wissenschaftlich untersucht werden müssten. Es wurde von dem Vertreter des bauleitenden Wasserwirtschaftsamtes, dem Fachbereichsleiter Tiefbau der Stadt Sonthofen, vom Polier der Baufirma, von Fachleuten des Heimatdienstes und vom Vertreter der Bodendenkmalbehörde in Thierhaupten gemeinsam festgelegt, dass die archäologischen Funde dendrochronologisch (Alterbestimmung nach den Jahresringen) untersucht und die noch vorhandenen stehenden Stämme exakt eingemessen werden sollten. Diese Arbeiten durften jedoch nicht die Arbeiten zur Hochwasserfreimachung verzögern.

Fachleute

Fachleute: v.l.: Uwe Brendler (Heimatdienst), Klaus Häger (Stadt Sonthofen), Franz Schöllhorn (Wasserwirtschaftsamt)

Stützpfeiler

Stützpfeiler der alten Brücke

 

Balken markiert

Markierte Stützbalken der alten Brücke, fertig zur Einmessung

 

Die ausgebauten Holzteile werden nun auf einem Gelände der Stadt Sonthofen zwischengelagert, bis die festgelegten Untersuchungen ausgeführt sind.

In der Zeit vom 16. bis Mitte des 19. Jahrhunderts war die Erzverhüttung an der Ostrach der zentrale Mittelpunkt einer frühen Industrialisierung im oberen Allgäu. In viele Orte im Oberallgäu wurde das gewonnene Eisenerz zu Waffen, Nägeln und Werkzeugen weiterverarbeitet. Es gab dadurch viele Arbeitsplätze. Durch den enormen Holzverbrauch waren die Wälder des Allgäus größtenteils abgeholzt worden und damit das Allgäu fast baumlos. Die Folge waren große Erosionsschäden.

 

Der Heimatdienst Sonthofen bittet alle am Bau Beteiligten, historische Funde im Boden sofort an die zuständige Denkmalbehörde zu melden. Es gibt bei den meisten Fundstellen auch keine langen Bauverzögerungen, falls sofort fachgerechte Untersuchungen veranlasst werden.

Uwe Brendler, Heimatdienst Sonthofen, 1.12.13

Bild original

Bild von der Ostrachbrücke, dem Stauwehr und dem Ostrachkanal zum Hüttenwerk.

Ludwig Weiss, 1810; Original im Heimathaus Sonthofen (mit Erklärungen)