Heimatdienst-Info

Die älteste Urkunde aus dem Sonthofer Gebiet. Eine Schenkung mit einer seltsamen Auflage.

Teilweise neue Erkenntnisse nach einem Ausflug des Heimatdienstes Sonthofen vom Oktober 2016 nach Leutkirch.

Im Jahre 746 hatten die fränkischen Könige mit ihren Kriegern die Alamannen endgültig besiegt. Das Herzogtum der Alamannen wurde aufgelöst und ihre Wohngebiete kamen unter die fränkische Oberhoheit. Die Franken haben mit allen Mitteln versucht, einen Großteil der alamannischen Güter zu übernehmen. Um dies etwas zu verhindern, wurden Besitzübertragungen von bedrohten Alamannen an Klöster vertraglich vereinbart. Im West- und Oberallgäu sind einige Urkunden dieser Art mit dem Kloster St. Gallen vorhanden. In Leutkirch sind zum 1250 jährigen Jubiläum alle vorhandenen Urkunden mit dem Kloster St. Gallen von Historikern ausgewertet worden. Es gab erstaunliche Übereinstimmungen bei diesen Urkunden. Als kirchliches Gut konnten die an ein Kloster übertragenen Besitzungen nicht mehr ohne weiteres von den fränkischen Adeligen in Besitz genommen werden. Die betreffenden Freien der Alamannen erhielten dann die übertragenen Güter gegen eine angemessene Zinszahlung auf Lebenszeit zur Nutzung, vom Kloster überlassen.

Die erste Urkunde aus dem Sonthofer Raum vom Jahre 839 war auch so eine Urkunde.

Isanbirg, die Witwe eines Hofbesitzers (Vila Nordhovun), hatte eine relativ kleine Fläche von 3 Jauchert, entspricht in etwa der Fläche von 1 ha, die sie als Witwenversorgung erhalten hatte, dem Kloster St. Gallen übereignet. Diese Fläche sollte an sie und nach ihrem Ableben an ihre ledige Tochter Rihlind, auch auf Lebenszeit, für eine Zinszahlung von 6 Pfennigen pro Jahr verpachtet werden. Sechs Pfennige der damaligen Zeit pro Jahr entspricht in etwa einer Zinszahlung von 200 €, ein durchaus heute noch angemessener Betrag.

Was aus diesem Vertrag geworden ist, werden wir wahrscheinlich nie erfahren. Der Nebel der unbekannten Sonthofer Geschichte wurde dann erst ca. 300 Jahre später mit einer weiteren Urkunde aus dem Sonthofer Bereich etwas gelichtet.

Im Stadtbuch „Sonthofen im Wandel der Geschichte“ ist die lateinisch geschriebene Urkunde der Schenkung mit Rücküberlassung gegen eine Zinszahlung übersetzt enthalten. Im Kapitel „Sonthofen tritt in die Geschichte ein, haben die Autoren des Stadtbuches die Meinung vertreten, dass ein gemeinfreier Alamanne von der Leutkircher Heide vom Grafen des Alpgaues (gleichzeitig Graf von Bregenz) mit besonderen kaiserlichen Privilegien für Leib und Gut ausgestattet ins Illertal gesandt worden war und den Hof im heutigen Sonthofer Bereich gegründet hat. Er war der verstorbene Ehemann der Isanbirg.

Die Zukunftssorgen der Mensch vor 1200 Jahren waren nicht viel anders als die Zukunftssorgen der heutigen Menschen.

Das Heimatmuseum Oberstdorf hat für geschichtliche Entwicklungen einen wunderbaren Spruch:

Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart begreifen.

 

Schenkungsurkunde der Isanbirg aus dem Kloster St. Gallen

 

Text und Bild: Uwe Brendler, 19.11.16